46. Blog - Wie ich Gruppendynamiker wurde

20.07.2020
Auf meinen letzten Blog hin fragte mich meine geschätze Kollegin Manuela, was hat sich in den letzten 60 Jahren bei dir, bei deinem Training, deinem Coaching, deiner Beratung besonders bei deinem Konfliktmanagement geändert? Wie fingst du an und wie ist dein Lehr- und Führungsstil jetzt?
Das war für mich natürlich Wasser auf meinen Mühlen und ich habe dann auch sofort versucht, nicht gleich mit meiner überflutenden Weisheit eine Überschwemmung anzurichten.
45. Blog - Wie ich Gruppendynamiker wurde
 
Ich arbeitete in den sechziger Jahren an der Universität München am Institut für Wirtschafts- und Sozialpädagogik und war anfangs noch fest davon überzeugt, dass nur rationelles wissenschaftliches Arbeiten von Kopf zu Kopf die Welt weiter bringen könne. Aber schon bei meinem ersten praktischen Seminar für Handwerksmeister über „Menschenführung“, das ich an einem Wochenende abhielt, um meinen Assistentengehalt aufzubessern, wurde ich von meinem akademischen Dozentenpodest ganz schnell heruntergeholt. Ich hatte zu lernen, dass meine Vorträge, waren sie noch so gut wissenschaftlich unterlegt, zwar mir selbst gut gefielen aber bei den Teilnehmern wenig Lernmotivation auslösten. Als  ich dies schließlich  bemerkte, unterbrach ich meine - Speaker-Exzellenz - ( so leid es mir auch tat) - hielt  meinen Redefluss zurück  und  kam dann auf die gute Idee, die Teilnehmer zu fragen, was sie hier eigentlich wollten, welche Bedürfnisse und Erwartungen und Probleme sie hätten und wie sie diese lösen wollten. Dem ersten Erstaunen über meinen Stilwechsel folgte nach einiger Zeit als sie merkten, dass ich es ernst mit meinen Fragen meinte, zuerst zögerliches aktiv werden, das nach einigen Stunden zu aufgeregtem Engagement umschlug.  Sie sprachen über das, was sie interessierte und dann auch über das, was sie an ihren Problemen bewegte. Ich  regte an, über verschiedene Lösungen nachzudenken und im Rollenspiel mit neuem Verhalten zu experimentieren. Ich begleitete ihre Aktivitäten mit ehrlichem Interesse, hörte aktiv zu und beschränkte mich auf methodische Empfehlungen, von denen auch einige angenommen wurden. Die Idee war, Hilfe und Anregungen zur Selbstlösung anzubieten. - Hatte ich alles schon in dicken Lehrbüchern gelesen und ergriff jetzt die Gelegenheit beim Schopf, Lernen  und Arbeiten durch Selbsterfahrung anzuleiten.  Jetzt wollte ich wissen, ob es wirklich geht und auch  mit Praktikern funktioniert, die von Theorie wenig hielten.
 
Ich reaktivierte auch die Erfahrungen, die ich schon als 14-Jähriger bei der Leitung einer wilden Jungengruppe gemacht hatte. Die Buben zögerten nicht, die Gruppe zu verlassen, wenn meine Vorschläge nicht ihre Motivation und Begeisterung traf. Ich war sehr erleichtert als ich merkte, dass Selbsterfahrung und adäquate Selbstaktivität auch in dieser Gruppe von Erwachsenen gleichsam das didaktische Zauberwort war.
 
Am Ende des Workshops waren die HandwerksmeisterInnen begeistert und glücklich darüber, wie sie  ihre Probleme in Eigenarbeit selbständig gelöst hatten. Und ich lernte, Theorie und das darüber Reden auf ein Minimum zu reduzieren. Diese Erfahrung  hat meinen Berufsweg wesentlich bestimmt. In meinem Tagebuch stand dann am Abend : Bremse nicht die Probleminhaber ihre Probleme selbst zu lösen. Gruppendynamisches Lernen = simply the best. Und davon bin ich nach 50 Jahren noch mehr überzeugt als damals.
 
Intrinsisches Lernen geschieht vorzüglich durch angeleitete methodisch kompetente Selbsterfahrung. Und gekonnte Anleitung verdient große Konzentration. Sie steht noch jetzt im Zentrum unserer Methoden - Workshops für Trainer und Führungskräfte.
 
So verließ ich denn vor 50 Jahren die Universität und zog aus, in England, Österreich und Amerika - durch Selbsterfahrung versteht sich - Gruppendynamiker zu werden.
 
In weiteren Blogs werde ich mein eigenes Lernen alsTrainer, Coach und OE-Consultant beschreiben.
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