Erfahrungsbericht zum Seminar Transaktionsanalyse
Offenes Seminar Transaktionsanalyse im Hotel Columbia - Bad Griesbach bei Passau, April 2017
Ein Rückblick von Jana Brettner, Trainee im Team Dr. Rosenkranz
Ein Stuhlkreis mit neun sich fremden Personen, die gespannt sind, was sie die Woche erwartet. Dazu sanfte, wellenartige Musik von Vivaldi und die ruhige Stimme des Trainers an einem Sonntagabend, die zu einer Anfangstrance einlädt. „Wie ungewöhnlich.“, war mein erster, noch skeptischer Gedanke zu Beginn des Seminars Transaktionsanalyse. Wie sehr sich dieser Gedanke doch im Laufe der Woche wieder und wieder ins positivste „Welch außergewöhnliches Seminar!“ änderte.
Seit drei Wochen war ich als Trainee neu im Team Dr. Rosenkranz und durfte im Rahmen meines berufsbegleitenden Studiengangs erste Erfahrungen als Teilnehmerin machen. In meiner neuen beruflichen Situation reizte es mich besonders, mich selbst im Umgang mit anderen tiefer kennenzulernen. Meine gewohnheitsmäßigen Verhaltens- und Kommunikationsmuster, typischen Rollen und emotionalen Reaktionen zu entdecken klang verlockend. Wie verhalte ich mich immer wieder, ohne es bewusst zu steuern? Welche Wirkung hat das auf mich und andere? Wie kann ich das positiv beeinflussen? Spannende Fragen, die mir zugleich auch ein bisschen Angst machten. Was, wenn mir nicht gefällt, was da herauskommt?
Diese Fragen werden im Seminar durch die Methode der angeleiteten Selbsterfahrung beantwortet. Die Effektivität dieser Methode klang schon in der Theorie plausibel und sinnvoll. Der tatsächliche Gehalt und die dahinterliegende Wirkkraft wurden mir erst im Seminar bewusst. Theorien und Konzepte wurden nur sehr kurz durch Vorträge oder Poster erklärt. Das tiefere Verständnis für die Ich-Zustände, Kommunikationsmodelle, Psychologischen Spiele und Skriptanalyse der Transaktionsanalyse entstanden erst durch das Erleben derselben. So wurden in Kleingruppen und im Plenum verschiedene Übungen zu diesen Themenstellungen durchgeführt. Stets wurde die Gruppe unterstützend eingesetzt, um mein Selbstbild mit dem Fremdbild zu ergänzen und positive Synergieeffekte zu erzeugen. Dadurch erhielt ich viel Aufschluss über mich selbst.
Ein paar meiner persönlichen Lerngewinne möchte ich hier mit Ihnen teilen:
- Meine Verhaltens- und Kommunikationsmuster gehen einher mit dahinterliegenden Bedürfnissen und Emotionen, die mir in der unmittelbaren Situation oft nicht bewusst sind. Diese wirken sich, ob nun gewollt oder nicht, auf die Kommunikation und die damit verbundene Reaktion meines Gegenübers aus. Mich selbst und meine Bedürfnisse in diesen Situationen zu erkennen ist der erste Schritt. Die hohe Kunst ist, diese Gefühle und Bedürfnisse auch als Feedback zu formulieren und dabei ganz bei mir zu bleiben. In den Fällen, in denen mir das heute gelingt, fühle ich mich stärker verstanden und erziele wirksame, positive Effekte im sozialen Miteinander.
- Viele meiner emotionalen Reaktionen stammen aus längst vergangenen Zeiten: Trauer, Wut, Freude, Angst, Ekel, Scham, Stolz, Liebe hat jeder Mensch, aufgrund seiner Erfahrungen in seiner Familie und Umwelt, nicht gleichwertig gelernt zu zeigen. So auch ich. Manche dieser Emotionen habe ich gelernt zu verbergen und stattdessen eine andere Reaktion dafür zu zeigen. Mithilfe verschiedener Lernpartner- und Körperübungen konnte ich wieder in Kontakt mit den ursprünglichen Gefühlen und Gedanken treten, sie annehmen und lernen, sie zu zeigen. Gleichzeitig wurde mir bewusst, wie viel Energie mich manche für mich typischen Abwehrreaktionen kosten. Diese Erkenntnis hilft mir, die negative Energie wahrzunehmen und sie bewusst ins Positive zu lenken.
- Viel Energie steckt auch in Antreibern. Antreiber motivieren uns, bestimmte Muster abzuspielen wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat und immer dieselbe Melodie wiederholt. Das spart Kapazitäten. Meine Antreiber haben mich im Leben oft vorangebracht und mir gute Dienste geleistet. In bestimmten Situationen machen sie mir das Leben aber unnötig schwer und bremsen mich. Perfekt zu sein ist eben oft ein unerreichbarer Anspruch und immerzu stark zu sein kann mich so viel Kraft kosten, dass es mich schwächt. Nun da ich sie besser kenne, kann ich mir auch erlauben diese Antreiber situativ loszulassen.
- Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Wir vereinen verschiedene Ich-Zustände in uns, die situativ unterschiedlich agieren - mal kritisch oder fürsorglich, mal sachlich, mal angepasst, trotzig oder leichtfüßig. Die Bewusstheit dieser Zustände erlaubt mir, die eigene oder die Reaktion anderer einzuordnen, zu hinterfragen und erfolgreicher zu kommunizieren.
- Psychologische Spiele: Ob beruflich oder privat, manchmal leiden meine Bedürfnisse, wenn ich sie zurückstellen muss. Aber was passiert dann mit ihnen? Dieser Frage auf den Grund zu gehen hat mir die Augen für viele für mich typische Konfliktsituationen geöffnet und mir Auswege aus meinen Mustern gezeigt.
Die Intensität dieses Seminars überraschte mich. Insgesamt hat es mir Vieles über mich offenbart, was bisher wie ein blinder Fleck für mich verborgen war – ausbaufähige Schwächen und ungeahnte Stärken. Die Bewusstmachung meiner immer wiederkehrenden Verhaltensmuster und verborgenen Ressourcen bietet mir etwas sehr Wertvolles: Die Möglichkeit mich situativ zu entscheiden, ob ich gewohnte, eventuell bewährte Muster abspielen oder etwas Neues ausprobieren möchte. Das eröffnet ein Feld neuer Möglichkeiten, das sich wie eine Spielwiese vor mir ausbreitet und zu Entdeckungsreisen einlädt. Jeder Schritt darin ist aufregend und ich taste mich weiter voran.
Was für ein besonderes Seminar! Ich habe vom Meister seines Fachs lernen dürfen.
Vielen Dank!
Jana Brettner